Monday, March 16, 2020 - 21:19German

 

Carl-August Seibel 

Vorsitzender 

Bundesverband der Schuh- und Lederwarenindustrie e.V. 

• Weniger Umsatz der deutschen Schuhindustrie im Jahr 2019 

• Außenhandel nimmt weiter zu 

• Beschäftigung anhaltend auf hohem Niveau 

• Deutsche Schuhindustrie bleibt zuversichtlich 

Weniger Umsatz der deutschen Schuhindustrie im Jahr 2019 

Nach einer mehrjährigen Wachstumsphase drehte die Umsatzentwicklung erstmals wieder ins Minus. Im Jahr 2019 sanken die Umsätze der deutschen Schuhhersteller um 2,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Gesamtumsatz lag im Kalenderjahr 2019 damit bei 2,89 Milliarden Euro. Während der Umsatzrückgang im Inland mit -1,8 Prozent noch verhalten ausfiel, ging der Umsatz der deutschen Schuhhersteller im Ausland spürbar und deutlich um - 6,8 Prozent zurück. Damit liegt der Auslandsanteil an den Umsätzen unter 20 Prozent des Gesamtumsatzes. 

Erfreulicherweise hat sich diese Umsatzentwicklung nicht auf die Beschäftigtensituation in der deutschen Schuhindustrie ausgewirkt. Auch 2019 stieg die Zahl der in unserer Industrie Beschäftigten weiter an, und zwar um 2 Prozent auf jetzt 15.708 Mitarbeiter zum Ende des Jahres 2019. Die qualifizierten Mitarbeiter werden auch in einer solchen herausfordernden Phase gehalten, da es nach wie vor für die deutschen Schuhhersteller schwierig ist, Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt zu finden und zu gewinnen. 

 

 Coronavirus 

Die größten Herausforderungen für die Schuhbranche liegen derzeit in der zunehmenden Bedeutung des Online-Handels, in immer mehr um sich greifenden Rabattaktionen, in der anhaltend nachlassenden Kundenfrequenz im stationären Handel und - wohl bedingt durch den Klimawandel – im praktisch ausgefallenen Winter. Dazu trifft nun das neue Coronavirus, von der WHO offiziell unter dem Namen COVID 19 geführt, die Schuhbranche erheblich. Nach dem das Virus erstmals in dem für die weltweite Schuhproduktion bedeutendsten Land China aufgetaucht ist, hat es inzwischen auch Europa erreicht und hier, in dem ebenfalls für die Schuhbranche wichtigen europäischen Land Italien, erhebliche Auswirkungen gezeigt. Bereits auf den anderen Fachmessen der Micam und der Lineapelle jeweils in Mailand ist bedingt durch das Virus ein erheblicher Besucherschwund festzustellen. 

Anang März wurden weltweit 93.094 Fälle einer Coronavirusinfektion gemeldet. Davon 80.422 in China. Eine spezifische, gegen das neuartige Coronavirus selbst gerichtete Therapie, steht derzeit nicht zur Verfügung. Die Produktion in China ist seit Mitte Februar wieder langsam hochgefahren worden. Allerdings wird dieser Anlaufprozess noch weit in den Monat März hinein dauern. Zudem kommt es weiterhin zu Reisebeschränkungen und sonstigen Einschränkungen im Logistik- und Transportbereich. Die Folgen auf die deutsche Textil-, Mode- und Schuhindustrie, insbesondere mit Blick auf die ausbleibende oder verspätete Lieferung von Rohmaterialien und sonstigen Zuliefererprodukten, lassen sich momentan nicht mit Gewissheit abschätzen. Angesichts der nachlaufenden Wirkung auf die Liefer- und Wertschöpfungsketten sind verlässliche Bewertungen frühestens in den nächsten ein bis zwei Wochen möglich. 

Aufgrund großer Unsicherheiten auf den Weltmärkten ist die Konjunktur in Deutschland schon schwach ins neue Jahr gestartet. Die Effekte der Epidemie erhöhen den Druck auf unsere Unternehmen zusätzlich. Die Bundesregierung muss jetzt schleunigst wirtschaftspolitische Impulse für eine Belebung des Wachstums liefern. 

Industriepolitik 

In Deutschland ist es schwierig geworden, über die Zukunft zu diskutieren. Die berechtigte Debatte über den Klimaschutz zum Beispiel läuft vollkommen aus dem Ruder. „Wenn wir keine Industrie mehr haben, haben wir auch keine Probleme mehr“, so lautet der um sich greifende Trugschluss. Wie ist es anders zu verstehen, dass wir im Kernland der Automobilindustrie eine völlig destruktive Debatte über Mobilität führen. Ganzheitliche Güterabwägung: Fehlanzeige. Diese Schieflage ist schwer zu ertragen und gefährlich. Denn nicht nur der Wohlstand unseres Landes hängt davon ab, ob Deutschland ein nachhaltig erfolgreicher Industriestandort bleibt, auch Klimaschutz und Nachhaltigkeit gelingen nur mit den Innovationen der Industrie. Gesetzesvorhaben müssen sich aber genau an dieser Frage messen: Bringen diese lediglich neue Belastungen für die Menschen und die Betriebe oder stärken sie nachhaltig die Innovationskraft unseres Standorts? Nicht nur die Klima-Diskussion zeigt: Wir müssen selbst hart daran arbeiten, die Themen der Zukunft zu setzen. Das tut die Branche, beispielsweise mit cads und der Content-Gesellschaft SPoCC. 

Preise 

Erfreulich für den Konsumenten ist, dass die Verbraucherpreise für Schuhe sich nur wenig verändert haben (Steigerung Verbraucherpreise für Schuhe um 0,2 Prozent). Auch die Erzeugerpreise haben sich nur unwesentlich verändert und sind um 1,5 Prozent nur leicht gestiegen. Diese Preisentwicklung zeugt von einem anhaltend hohen Wettbewerbsdruck sowohl auf Handel als auch auf Industrie. Was für den Konsumenten erfreulich ist, belastet die Unternehmen und deren Fähigkeit zur Innovation und Investition in neue Technologien. Die Unternehmen sehen sich mit weiter steigenden Arbeitskosten, mit steigenden Anforderungen an die Materialbeschaffenheit, mit einem weiter zunehmenden Prüfungsaufwand für nachhaltige Produkte und nicht zuletzt auch mit Kostensteigerungen, resultierend aus Engpässen durch das Coronavirus, konfrontiert, die im Markt aber kaum weitergegeben werden können. 

Ausblick 

Zwar sind die genauen Folgen des Coronavirus noch nicht absehbar, auch die genaue Ausgestaltung des Brexits in Bezug auf das Verhältnis zwischen EU und Großbritannien muss noch in den nächsten Monaten geklärt und definiert werden. Trotz dieser Ungewissheiten sind die deutschen Schuhhersteller für das Jahr 2020 insgesamt zuversichtlich. Dafür muss die Bundesregierung jetzt schleunigst wirtschaftspolitische Impulse für eine Belebung des Wachstums liefern. Darüber hinaus wird unsere Zuversicht von folgenden Annahmen gestützt. 

 

Die fundamentalen Daten für Wirtschaftswachstum sind nach wie vor positiv. Die Wirtschaft in den USA befindet sich im Wahljahr in einer guten Verfassung. Die Märkte in Asien, Afrika und dem Nahen Osten werden weiter wachsen. Aber auch der für die deutsche Schuhindustrie besonders wichtige Inlandsmarkt ist von einer anhaltenden starken Konsumlaune geprägt. Dafür sorgen die hohe Beschäftigung in Deutschland sowie die weiter überproportional steigenden Löhne und Gehälter. Außerdem werden die durch das Coronavirus verursachte Kaufzurückhaltung sowie der ausgebliebene Winter eher zu einem Nachholeffekt führen. 

 

Pressemitteillung

HDS/L

(/3/2020